Es gibt kaum einen Beruf, den ich mir so anstrengend und nervenaufreibend vorstelle wie den der Erzieherin bzw. des Erziehers. Wer selbst Kinder hat, der weiß, dass die Kleinen einem wahnsinnig viel Freude bereiten, aber uns Eltern eben auch sehr viel abverlangen. Wenn ich mir dann vorstelle, nicht nur auf eine Terrorpüppi aufzupassen, sondern gleich auf acht von ihrer Sorte, dann sehe ich mich vor meinem inneren Auge bereits halbtot auf dem Teppich liegen, während eine Horde Terrorpüppis auf mir herumturnt und lauthals Freude und Unmut zugleich kundtut. Erzieherinnen und Erzieher sind zudem ja nicht bloße Aufseher und professionelle Fütterer und Wickler, sondern sie sind für unsere Kinder wichtige Bezugspersonen, die mit unseren kleinen Schätzen lachen, ihnen bei der Entdeckung der Welt helfen und sie eben auch trösten, wenn Tränchen kullern. Sie singen und basteln, machen den Kindern Spielangebote, kuscheln und toben, hören ihnen zu, lachen und erziehen die kleinen Rabauken auch.

Das alles sollte uns Eltern etwas wert sein. Es sollte unserer Gesellschaft mehr wert sein. Erzieherinnen und Erzieher verdienen mehr gesellschaftliche Anerkennung und schlichtweg bessere Arbeitsbedingungen. Der Beruf des Erziehers hat sich gerade auch in den letzten Jahren massiv verändert und all die Beschäftigten verdienen es, dass ihr Beruf eine Aufwertung erfährt – sowohl ideeller aber auch finanzieller Art. Mehr Lohn ist da nur ein Aspekt unter vielen, die notwendig sind. Aber es ist ein wichtiger Aspekt.

Hier ein paar Punkte, die nachdenklich stimmen sollten:

  • Lange Zeit haben angehende Erzieher und Erzieherinnen in den ersten 3 !!! Ausbildungsjahren keine Vergütung erhalten. Erst im 4. Ausbildungsjahr bekamen sie 1300€. Das Einstiegsgehalt von Erziehern liegt dann – nach der Zeit finanziell traurigen Ausbildungszeit – lediglich zwischen 1200€ und 2000€ Brutto – je nach Bundesland und Stundenumfang. Das liegt nicht selten daran, dass es sich um Teilzeitstellen handelt. Erst mit dem PIA Modell (= praxisintegrierten Erzieherausbildun) kommt es dazu, dass Erzieherinnen und Erzieher bereits von Anfang an eine Ausbildungsvergütung erhalten. PIA ist aber nicht überall Standard.
  • Die traurige Folge: Auch später wartet keine allzu üppige Rente. Schon 2010 warnt eine Studie davor, dass die Teilzeit- und Befristungsquoten steigen, sowie atypische Beschäftigungsverhältnisse zunehmen. Die teils prekären Verhältnisse sind hier gut zusammengefasst. Besonders schlimm finde ich dabei folgendes Zitat:

„Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen gehen insgesamt im Durchschnitt mit 59 Jahren in den Ruhestand. Ein Viertel davon gibt als Begründung für den vorzeitigen Ruhestand gesundheitliche Probleme an. Diejenigen, die wegen Krankheit den Beruf aufgeben, gehen bereits mit 54 Jahren in Rente.
Eine Erzieherin, die vom 21. bis zum 59. Lebensjahr ununterbrochen Vollzeit gearbeitet hat, kommt bei einem Bruttoeinkommen von 2.500 Euro auf eine Monatsrente in Höhe von rund 876 Euro. Dass eine Erzieherin das Renteneintrittsalter von 67 Jahren erreicht, ist angesichts der Belastungen in diesem Beruf nicht zu erwarten. Somit werden alle Beschäftigten in Kindertagesstätten mit erheblichen Rentenabschlägen rechnen müssen.“

  • Der Anteil an dokumentatorischen Tätigkeiten abseits der eigentlichen Kinderbetreuung ist massiv angewachsen. So müssen die Erzieher und Erzieherinnen etwa die motorische, sprachliche und soziale Entwicklung jeden einzelnen Schützlings genau festhalten sowie Entwicklungsgespräche mit den Eltern halten. Das ist Zeit, die sie nicht mit den Kindern verbringen können. Stattdessen fertigen sie dicke Dokumentationsmappen und Kinderordner an, führen Sprachlerntagebücher, müssen Beobachtungsbögen ausfüllen usw. usf. (zu lesen z.B. hier)
  • Aufgrund knapp kalkulierter Personaldecken, können Ausfälle durch Urlaub und Krankheit oftmals mehr schlecht als recht abgefangen werden. Dann passen die Erzieher und Erzieherinnen auch mal auf deutlich mehr Kinder auf als sie es laut Betreuungsschlüssel eigentlich sollten und wie es pädagogisch sinnvoll ist. Dass das nicht nur für die Kinder schlecht ist, sondern auch für die Erzieher und Erzieherinnen belastend ist, versteht sich selbstredend.
Erzieher im Streik; Figur hinter Gittern

Den Beruf des Erziehers ergreift man, weil man sich dazu berufen fühlt. Anders lässt sich dieser Beruf auch nicht dauerhaft ausüben. Es ist nicht nur nicht im Sinne von un Eltern, sondern auch Anliegen der Erzieher und Erzieherinnen, dass Kindertagesstätten mehr sind als reine Aufbewahrungsinstitutionen. Natürlich wirkt sich solch ein Streik gerade für die arbeitenden Eltern gravierend aus, aber statt murren, müssen wir uns hinter unserer Erzieher und Erzieherinnen stellen und ihnen den Rücken stärken, denn mit ihren Forderungen sind sie im Recht. Also Eltern, zeigt euch solidarisch.

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