Blogreihe: Familienleben zwischen Beruf und Berufung 

Immer wieder hört man es: Mütter seien unflexibler als ihre kinderlosen Pendants. Erst gestern durfte man das in sogar in der Brigitte lesen. Wir wären mit unseren Gedanken eigentlich immer nur zu Hause und stellen egoistischer Weise unsere Familie über das Wohl von Arbeitgebern und kinderlosen Freunden. In diesem Sinne seien wir schwer bepackt, zu bepackt und geistig nicht frei genug für unser Umfeld. Dabei bin ich als Mutter doch längst eine Chefin 2.0. Das wirkt sich natürlich auch auf meine anderen Lebensbereiche aus. Heute zum Beispiele habe ich einer guten Freundin beim Umzug geholfen. Da der Mann krank darnieder lag, blieb mir nichts anderes übrig, als meine Püppi einfach mit zum Umzug zu nehmen. So ein Kind, also zumindest mein Kind, muss allerdings bei so einem Umzug doch intensiv beaufsichtigt werden. Schraubenzieher wollen schließlich ausprobiert, Farben getrunken, lose Bretter betastet, Stromkabel und Steckdosen begutachtet und zwischen den anderen Umzugshelfern geturnt werden. Ein Kleinkind während eines Umzugs zu beaufsichtigen steht demnach eigentlich im Widerspruch mit dem Angebot, beim Umzug selbst zu helfen. Ja man könnte meinen, so ein Umzug sei mit kleinen Kindern gar nicht zu meistern. Könnte man meinen, aber ich fand trotzdem eine Lösung.

Natürlich fand ich die, denn ich bin Mutter und als solche muss ich ständig Lösungen finden.
Oder haben Sie schon mal problemlos mit einem krümeligen, nach Abenteuern suchenden Kleinkind Wäsche zusammengelegt? Das Tragetuch hätte mir angesichts der vollgepackten, klobigen Umzugkartons kaum geholfen, denn ich brauchte nicht nur beiden Arme frei, sondern die Möglichkeit, auch größere und unhandliche Kisten tragen zu können, indem ich sie dicht an mich schmiege. Da ist so ein kleiner Krümel ja doch unpraktisch, eingequetscht zwischen Brust und Karton – und mit dem Tragetuch kann ich mir selbst das Kind nicht auf den Rücken binden. Das können leider nur Supertragetuchmamas. Ich bin bloß eine Normaltragetuchmama.
Dann habe ich mich aber an meine Babytrage erinnert, die eh schon seit einigen Wochen ein trauriges Dasein im Schrank fristet und genau dieses beinahe vergessene Ding ermöglicht mir aber Tragen auch auf dem Rücken. Ha! So schlage ich als ach so unflexible Mutter allen Vorurteilen ein Schnippchen.

Kind in Umzugskarton

Gesagt, getan. Kaum an der neuen Wohnung angekommen, schnallte ich mir die Terrorpüppi auf den Rücken. Schwer bepackt zwar, aber ich konnte beim Schleppen der Umzugskisten helfen. Ich bin sogar so frei und behaupte dreist, dass ich dabei äußerst effizient war. Kurze Päuschen oder wenigstens ein kurzes Innehalten beim Umzugs-Tetris wurden unglücklicherweise sofort mit Meckern quittiert. So trabte ich also als das fleißige Pferdchen der Terrorpüppi stockauf- und stockabwärts und trug fleißig die Kisten. Die Terrorpüppi wiederum hatte – solange ich jedenfalls brav das Pferd mimte und rumulkte – sehr viel Spaß dabei, zumal die anderen fleißigen Helferlein angesichts der tatkräftigen Unterstützung durch den Drill-Sergeant ebenfalls zum Ulken bereit waren.

SO bekommen die meisten Mütter und Väter täglich Familie, Beruf und Privatleben unter einen Hut. Wir sind Meister des Jonglierens und vieles, aber ganz bestimmt keine Last und schon gar nicht unflexibel für Arbeitgeber und Gesellschaft. Kinder schränken eben nicht ein, sondern sie bereichern – und so einen Umzug mit einem kleinen Kind meistern wir erst Recht mit links – und das auch mit 13kg zusätzlich auf dem Rücken!

Ebenfalls in dieser Reihe erschienen:
Und plötzlich war sie da: Die Vereinbarkeitsfrage 
Das Leben zu Dritt oder nur ein Drittel der Zeit (Gastbeitrag)
Arbeit, die sich aber lohnt! (Interview)  
Liebe unter Druck. Die Last der Vereinbarkeit? 
Vereinbarkeit – Wollen wir das wirklich? (Gastbeitrag)
Kinder sollten nie einschränken, sondern immer bereichern (Interview)