Ich packe meinen Koffer…
 
 
 
…und nehme nicht nur Mann und Kind, sondern auch die Oma und den Onkel mit – und ganz viele Wünsche ans Kind.
 

Der Mehrgenerationenurlaub – oder: Einfach mal mit Mann, Kind, Oma und Onkel an die polnische Ostsee

Tuff tuff die Eisenbahn, wer will mit nach Polen fahren? Allein fahren will ich nicht, drum nehm ich mir die Püppi mit. Tuff tuff die Eisenbahn, wer will mit nach Polen fahren? Allein fahren will ich nicht, drum nehm ich mir die Oma mit…
 

 
Gut, mit der Eisenbahn sind wir nicht gefahren, aber nach Polen schon. Nach Sopot an die polnische Ostsee. Damit stand der erste richtige Urlaub mit der Terrorpüppi an und tollkühn haben wir daraus gleich einen größeren Familienurlaub gemacht. Nicht nur wir drei, nein, sondern auch die Oma und der Onkel wurden mitgenommen. Für manche mag es selbstverständlich sein, mit drei, ja womöglich auch mit vier Generationen zu verreisen – für viele Menschen aber ist es das keineswegs mehr.

Und da wir in einer Zeit leben, in der wir Phänomene, welche wir wiederentdecken, gerne neu benennen, bezeichne ich meine Form des Reisens nachfolgend einfach als Mehrgenerationenurlaub.

Wieso ich das nun gesondert bezeichne? Weil es eine besondere Art des Reisens geworden zu sein scheint. Kein Wunder, leben wir doch in einer Zeit, in der die Familie oftmals weit verstreut lebt. Nur wenige verbringen ihren Alltag generationenübergreifend.
Ja manchen Kindern sind Oma und Opa sogar fremd, weil sie diese nur wenige Tage im Jahr als Großeltern erleben dürfen.
Die gesellschaftliche Entwicklung können wir vermutlich nicht vollends zurückdrehen, aber wir können uns bewusst machen, was Familie bedeutet und versuchen sie aktiv zusammenhalten und zu gestalten.

Wie wichtig mir meine Familie ist, das wurde mir auch in diesem Urlaub deutlich vor Augen geführt. Unentwegt strömten Kindheitserinnerungen auf mich ein.
Während des Spazierens auf der Hafenpromenade von Sopot musste ich beispielsweise an den Urlaub auf Rügen denken, den ich mit meiner Mama vor drei Jahren verbrachte. Bei der Führung durch das Danziger Fort fiel mir wieder ein, wie sehr mein Bruder es schon immer liebte, historische Bauwerke zu besichtigen und wie gern meine Oma und ich ihn dabei begleiteten. In einer Danziger Kirche gedachte ich schließlich meiner verstorbenen Oma, die ein unglaubliches Faible für Kirchenbesichtigungen hatte, obwohl sie nicht gläubig war. Und immer wieder schwelgte ich beim Eis-Essen gemeinsam mit meiner Mama in Erinnerungen an das grandiose Eis, welches wir in Rom einst genossen.
Unentwegt verschwamm die Vergangenheit mit der Gegenwart – und mit Blick auf meine Püppi war auch die Zukunft permanent anwesend.

 

Mehrgenerationen – Schnipsel meiner Kindheit

Das Mehrgenerationenhaus. Noch so ein Wortungetüm. Der Definition nach werden damit Haushalte bezeichnet, die ein generationenübergreifendes Wohnen ermöglichen. Ich bin in so einem Mehrgenerationenhaushalt aufgewachsen. In meinem engen Umfeld hingegen lebt niemand so, ich selbst ja auch nicht mehr.


Ich habe unglaubliches Glück gehabt, so nah mit den Omas und Opas aufwachsen zu können. Meine Großeltern väterlicherseits lebten im zweiten Stock unseres Haus und meine Großeltern mütterlicherseits am Ende der Straße. Diese alltägliche Nähe hat mir wahnsinnig viel Halt gegeben.
Wenn ich von der Schule kam, stand bereits das Essen auf dem Tisch, welches meiner Oma mir gekocht hat. Nicht selten habe ich in meiner Kindheit spontan abends beschlossen, bei „Oma oben“ oder bei „andere Oma“ zu übernachten. Ich konnte jederzeit zwischen den Haushalten hin- und herwechseln.

Obendrein fuhren wir regelmäßig gemeinsam mit den Großeltern zusammen in den Urlaub. Es war großartig, bei Oma und Opa im Auto zu sitzen, lustige Geschichten erzählt zu bekommen, Bonbons zu lutschen und den witzigen Liedern von Opa zu lauschen, die er extra für mich anstimmte, damit die Fahrtzeit schneller vorüberging.

 
In meiner Erinnerung waren all unsere Mehrgenerationenurlaube einfach großartig. Ich war super entspannt und sollte es vielleicht doch mal Spannungen zwischen meinen Eltern und Großeltern gegeben haben, kann ich mich nicht an sie erinnern. So schlimm können etwaige Spannungen auch nicht gewesen sein, denn wir fuhren immer und immer wieder gemeinsam in den Urlaub – bis heute.

Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie toll ich es als Kind fand, gemeinsam mit meinen Eltern und meinen Großeltern wegzufahren. Es war irgendwie immer ein Abenteuer. Unglücklicherweise endet so eine Kindheit aber auch mal. Meine Fähigkeiten, grenzenlos zu genießen und zeitlos zu leben, sind längst verblasst, aber die Erinnerungen an die Urlaube meiner Kindheit lassen mich nicht los. Auch meine Kinder sollen das haben, was ich einmal hatte. Ich wünsche ihnen ein enges Verhältnis zu ihren Großeltern, so wie ich es einst hatte. Und ich wünsche mir, auch weiterhin ein tolles Verhältnis zu meinen Eltern und zu meinem Bruder zu haben. Beziehungen sind aber nicht toll, sondern sie werden toll. Also packe ich meinen Koffer und nehme sie alle mit. Na zumindest fast alle.


Natürlich ist nicht ständig alles eitel Sonnenschein, doch das nennt sich Leben. Das beste aus eben diesem Leben zu machen, das verstehe ich auch im Urlaub als meine Aufgabe.

 

Die Emotionale Achterbahnfahrt an der Ostsee und was ich daraus lernen konnte

Letztlich ist ein Mehrgenerationenurlaub wie ein Mehrgenerationenhaushalt, bloß zeitlich begrenzt und damit Zusammenleben auf Probe und – zugegebenermaßen – irgendwie auch unter verschärften Bedingungen. Bei den meisten Menschen gilt dann: Wie zu Weihnachten ist man plötzlich wieder (eng) zusammen, will fröhlich sein und erwartet Spannung, Spiel und Schokolade. Doch wenn die Erwartungen hoch sind und man einander (zu) viel zu sagen hat, weil vorher zu wenig Gelegenheit dazu war, können Spannungen auch mal unangenehm entladen. Auch das gehört dazu.

Für mich überwiegen bis heute jedoch klar die Vorteile eines Mehrgenerationenurlaubs. Es gab einfach immer extra viel Schokolade, wenn es doch mal zu Spannungen kam… und so machten wir uns täglich auf die Suche nach „Schoko Lodi“ (=Schokoladeneis)…

 

 

Gemeinsam auch mal allein sein – und gemeinsam ist man eben stärker

Sowieso sollte man weder in Mehrgenerationenhaushalten noch in Mehrgenerationenurlauben ständig aufeinander hocken. So ein Urlaub soll ja auch Entspannung bringen – und sei es wenigstens mentale Erholung vom (Arbeits-)Alltag.
Doch jeder nimmt Alltagsstress mit in den Urlaub. Stress kann man nämlich nicht auf Knopfdruck ausstellen und damit der Stress nicht den Urlaub verdirbt und man ihn stattdessen abschütteln kann, bedarf es Rückzugsmöglichkeiten. Egal wie sehr man einander mag, ein wenig Privatsphäre ist für jeden nötig- und damit meine ich nicht nur die Möglichkeit, die Klotür hinter sich zusperren zu können.
 
Sonst prallen Omas meist nützliche, aber manchmal eben auch unangebrachte Erziehungstipps, dieser neumodische pädagogische Kram der Eltern und die Trotzanfälle der völlig verzogenen Kleinen 24 Stunden eines jeden Tages ungefiltert aufeinander und erlangen eine Relevanz, die sie gar nicht verdient haben. Man braucht auch Urlaub voneinander, damit man Urlaub miteinander machen kann und damit man auch den Alltag miteinander (wieder) genießen kann.

Auch für Kinder ist es im Übrigen wahnsinnig anstrengend, dass ihre Eltern ihnen unaufhörlich sagen, was sie zu tun und zu unterlassen haben. Selbst Kinder verspüren Alltagsstress. Oma oder Onkel konnten hier mit ihrem Verwöhnprogramm Erholung verschaffen. Unsere Püppi genoss es sichtlich, auf Onkels Bett herumzuhüpfen oder mit ihrer Oma eine Teeparty zu veranstalten.

Für uns Eltern wiederum ist es kräftezehrend, Tag für Tag den Alltag mit Kind zu bewältigen, obendrein zu arbeiten und irgendwie auch sonst alles am Laufen zu halten. Selbstredend will die Püppi ja auch immer gerade dann etwas von uns, wenn wir uns gerade mal hinsetzen, dringend was erledigen oder einfach nur schlafen wollen.

Sowohl für Kinder als auch für uns Eltern ist es daher eine wirklich tolle Sache, wenn Oma und Opa – oder eben der Onkel – zwischendurch mal einspringen. Manchmal reichen auch wirklich schon kleine Pausen, so wie der eine Morgen, an dem wir die Oma und den Onkel einfach mit der Püppi ins Spielzimmer des Hotels schickten, um ganz in Ruhe unseren Kaffee genießen zu können.

Doch sind die lieben Verwandten keineswegs bloße Gelegenheitsbabysitter, sondern auch reich an Erfahrungen und Geschichten. Und sie sind Menschen, die sich an der Anwesenheit ihrer Lieben erfreuen und die von der puren Lebensfreude gerade ihrer Enkel ungemein profitieren. Intensiv miteinander Zeit zu verbringen, hilft, sich immer wieder neu kennen zu lernen. Wir verändern uns und gleichermaßen auch die Beziehungen – da muss man sich Zeit füreinander nehmen.
 
 

Wenn Spannungen zusammenführen statt auseinanderzutreiben

Mein Blick auf unseren Urlaub ist nicht verklärt, sondern voller bunter Emotionen. Bunt-emotional: Das ist Familie für mich, denn wir alle sind bunt mit einem ganzen Strauss an Charaktereigenschaften.

Deine Verwandten gehen dir manchmal auf die Nerven? Sei dir gewiss, umgekehrt fühlen sie bestimmt ähnlich! Und trotzdem: man liebt einander. Das ist ja das tolle an Familie: Man kann einander auf eine Weise auf den Senkel gehen wie es eben nur Menschen können, mit denen man verwandt ist und die auch dann noch mit uns verbunden bleiben, wenn man sich trennt.
Erinnere dich in Momenten des Genervt-seins lieber daran, was ihr aneinander habt. Mir jedenfalls hilft es, schwierige Situationen im Urlaub später noch einmal Revue passieren zu lassen. Es sind eben nicht immer nur die anderen. Wenn nicht in der Familie, wo sonst, sollen wir genau so sein können, wie wir eben sind: Mit all unseren Vorzügen, aber auch unseren Marotten, Macken und schrulligen Angewohnheiten. 


 
Glücklicherweise war es die meiste Zeit sehr schön. Gemeinsam eroberten wir Burgen, historische Gassen, machten unzählige Spielplätze unsicher, bewunderten die Storchenpopulation Polens, erzählten einander Witze, probierten uns durch die lokalen Köstlichkeiten, lästerten, lachten, staunten und schwiegen.


 
 
Wie in einem Mehrgenerationenhaushalt müssen im Übrigen auch in einem Mehrgenerationenurlaub die Beteiligten nicht unbedingt alle miteinander verwandt sein. Also schnappt euch die Leih-Oma oder schließt euch einer befreundeten Familie doch einfach mal für den Urlaub an.

Und in der nächsten Woche heißt es bei Familie Motte„Ich packe meinen Koffer“, also schaut unbedingt vorbei, denn auch da gibt es bestimmt was Spannendes zu entdecken!

 
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