Ich bin jemand, der Entscheidungen trifft, statt sie von anderen treffen zu lassen. Das heißt nicht, dass ich zu meinen Entscheidungen als einsame Wölfin komme – denn nichts in meinem Leben ist so wichtig, wie die Beziehungen zu denjenigen Menschen, welche ich liebe. Jede Entscheidung steht daher notwendigerweise auch in engem Zusammenhang mit meinen Liebsten. Doch nicht nur sie müssen mit den getroffenen Entscheidungen glücklich sein, sondern auch ich selbst. 

Eigentlich ist es doch ein permanentes Austarieren der Interessen und Wünsche. Auch wenn schon so einiges nicht allzu optimal in meinem Leben lief, bereut habe ich keine Entscheidung bisher. Schließlich hat jede einzelne Entscheidung mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin und jede einzelne Entscheidung hat genau diejenigen Menschen in mein Leben geführt bzw. sie Teil meines Lebens bleiben lassen, die heute um mich herum sind und für die es sich lohnt, zu leben.

Hauptsache der Weg führt nach Hause

Entscheidungen treffe ich aus für mich wichtigen Gründen. Sie mögen nicht immer kurzfristig oder aus monetärer Sicht rational die beste Wahl sein, aber diejenigen Gründe, die zu ihnen geführt haben, hatten oder haben ihre vollste Berechtigung und hatten zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung nun einmal einen priorisierten Platz in meiner Hierarchie der Gründe.

Nicht selten würde ich heute anders entscheiden, wenn ich wieder in dieselben Situationen geraten würde. Aber heute bin ich eine andere und die bin ich auch geworden, weil ich einst anders entschieden hatte als ich es heute tun würde. Könnte ich die Zeit zurückdrehen, würde ich alle wesentlichen Entscheidungen daher wieder so treffen.

Bauchgefühl. Wichtige Entscheidungen treffe ich selten als Kopf- oder Bauchentscheidung. Sie sind beides und erst dadurch kann ich überhaupt erst dieses richtige Bauchgefühl empfinden. Die Entscheidung muss einfach passen. Vom Kopf her darf die Entscheidung mich (und meine Liebsten) nicht ruinieren und vom Bauch her muss ich das Gefühl haben, dass sie zu mir ganz persönlich passt. Entscheidungen sind daher persönlich richtig, wenn man voll und ganz hinter ihnen stehen kann und folglich überhaupt erst in der Lage ist, auch entsprechend zu handeln. Eine Entscheidung lebt schließlich davon, dass sie dann auch konsequent umgesetzt wird, sonst hat man sich ja schlicht nicht wirklich entschieden. Deshalb klappen im Übrigen auch die meisten Diäten nicht – man entscheidet sich nicht voller Kraft für sie…

Damit mein Kopf und mein Bauch überhaupt in Einklang gebracht werden können, ach damit sie sich überhaupt erst einmal zu einer Frage positionieren können, gilt es natürlich nachzudenken, abzuwägen, sich selbst zu beobachten. Ich persönlich bin der Szenario-Typ. Ich spiele verschiedene Entscheidungsszenarien durch und beobachte mich selbst dabei, wie ich mich mit ihnen fühle (Bauch) und ob die vermutlich eintretenden Konsequenzen für mich tragbar sind (Kopf). Hierbei spreche ich gerne und viel auch mit meinen Liebsten darüber, da ich in solchen Situationen neue Perspektiven aufgezeigt und viele Fragen gestellt bekomme, welche mir beim Finden meiner richtigen Entscheidung helfen. Ganz am Ende aber, da mache ich die Entscheidung vor allem mit mir selbst aus.

Kann eine Entscheidung auch dann richtig sein, wenn sie in ihren Konsequenzen nicht mehr richtig erscheint? Ich sage ja, wenn sie aus den „richtigen“ Gründen getroffen wurde. Viele Konsequenzen kann man einfach nicht vorher abschätzen und dann ist es schlicht müßig, Dinge zu bereuen, die man selbst nicht in der Hand hatte. Gefallen einem Konsequenzen nicht, ist es Zeit, neue Entscheidungen zu treffen und das beste aus seiner Situation zu machen.

Weggehen oder Bleiben? Meine Geschichte

Nach dem Studium habe ich beispielsweise zu meiner völligen Überraschung meinen gewünschten Studienplatz nicht erhalten. Ich war damals wie versteinert und war nicht in der Lage, neue große Pläne zu entwickeln. Statt ein Jahr lang die coolsten Sachen zu machen, habe ich einfach nur in Vollzeit in einem Supermarkt gejobbt und vor mich hingelebt. Nicht so der Bringer hinsichtlich einer effizienten Lebenslaufgestaltung? Stimmt, aber darauf pfeif ich. Ein Jahr lang in Vollzeit körperlich hart zu arbeiten, hat mich geformt. Ja ich habe nicht die Welt gesehen, aber ich hatte gelernt, was es heißt zu arbeiten. So richtig zu arbeiten und abends völlig fertig auf der Couch wegzusacken. Ich weiß, wie sehr Kunden stressen, Werbemusik nerven, Kollegen einen in den Wahnsinn und Existenzsorgen einen lähmen können. Ich habe all das gesehen und erlebt und noch viel mehr.

Ich habe nämlich auch erfahren, was es heißt, zusammen zu arbeiten und vor allem gemeinsam etwas zu schaffen, was jeder allein so nicht geschafft hätte. Ich durfte erfahren, dass Arbeit nicht nur schuften ist, sondern auch Lachen und Weinen, Streiche spielen und Menschen kennen lernen.

…und ich habe mich vor allen Dingen selbst besser kennengelernt. Nach diesem Jahr wusste ich viel besser, was ich für mich und mein Leben wollte. Das Ergebnis war kein vordefinierter Lebenslauf, den ich nur noch abarbeiten musste. Vielmehr wusste ich nun, was für mich wirklich zählte und dass ich keine Ratgeberliteratur über Karriereplanung brauchen würde.

Ich wollte Berlin verlassen. Tolle Unis habe ich mir mit Bedacht ausgesucht. Nicht noch einmal wollte ich von der Entscheidung einer einzigen Uni abhängen. Zugleich aber wollte ich auch mit jeder möglichen Variante persönlich sehr gut leben können. Verschiedene Kombinationsmöglichkeiten mit und Spezialisierung von meinem Wunsch-Studienfach Soziologie bin ich durchgegangen und es fühlte sich gut an. Ich nahm meine Zukunft in meine Hände. Auch in Berlin bewarb ich mich, aber diesmal an einer anderen Uni. Eigentlich wollte ich aber weg.

Tja und dann kam er. Hals über Kopf hatte ich mich verliebt und alles in mir schrie „nein, ich will nicht mehr weg aus Berlin“. Doch das „Aber“ war sehr laut in meinem Kopf. Blöderweise trudelten Zusage nach Zusage aus anderen Städten ein, nur die Technische Universität Berlin ließ noch auf sich warten. So richtig blöd war allerdings, dass meine absoluten Wunsch-Unis als erste zusagten und auch noch schnell nach Rückmeldung verlangten. Viel zu schnell. Was tun? Mündlich hatte ich von der Technischen Universität die Zusage, aber eben noch nichts Handfestes.

Der Liebe wegen schwankte ich plötzlich zwischen Gehen oder Doch bleiben. Ich blieb. Hauptsächlich der Liebe wegen – einer Liebe, die nicht einmal das erste Semester komplett überstand. Habe ich damals meine Entscheidung zu bleiben, bereut? Nein. Nicht einen einzigen Augenblick. Ich hatte entschieden und niemand anderes. Kopf und Bauch standen dahinter und ich war auch nicht unglücklich an meiner Uni in Berlin. Wäre ich es doch gewesen, hätte ich ja gerade jetzt – plötzlich getrennt – eher leichter als schwerer wechseln können. Doch ich blieb. Ich blieb, weil mein Studium an der Technischen Universität das Beste war, was mir passieren konnte. Fachlich habe ich unglaublich viel gelernt. Der Zusammenhalt unter uns Studierenden war groß. Meine besten Freunde und den Mann an meiner Seite habe ich so überhaupt nur kennengelernt. Niemals würde ich sie eintauschen. Sie gehören zu mir, genauso wie das Produkt meiner ursprünglichen Entscheidung, hier in Berlin zu bleiben. Im Dezember 2013 ist meine wunderbare kleine Tochter geboren. Wie könnte ich sie jemals bereuen?

Die zerbrochene Liebe, wegen der ich in Berlin blieb, hat meine Vorstellungen von Beziehungen stark geprägt. Dank ihr war ich vermutlich überhaupt erst in der Lage, eine mittlerweile fast 10 Jahre andauernde Beziehung einzugehen. Mein Herz war gebrochen, aber mein Vertrauen in mich wuchs. Ja ich hatte gute Gründe so zu entscheiden.

Ich sage, ich bin der Liebe wegen geblieben. Geblieben bin ich aber auch, weil mein Kopf mir sagte, dass es okay so ist. Dass mich ein Studium in Berlin nicht ins Unglück stürzen würde, sondern mich auch glücklich machen kann. Mein Kopf hatte Recht – mein Herz auch.

 

Entscheidungen früher – Entscheidungen heute

Doch auch wenn ich heute im Wesentlichen noch immer auf dieselbe Weise Entscheidungen treffe wie früher – Kopf und Bauch müssen übereinkommen – so hat sich mit der Geburt meiner Tochter natürlich trotzdem etwas verändert. Ihre Sicherheit hat oberste Priorität und jede Entscheidung kann nur getroffen werden, wenn sie ihre Sicherheit so gut es eben geht, gewährleistet. Ihre Sicherheit und das Wohlergehen meiner kleinen Familie sind untrennbar mit mir und meinen Entscheidungen verbunden.

Das könnte Angst machen, tut es aber meist nicht. Es ist keine Einschränkung. Jemand anderen mehr zu lieben als sich selbst, bereit zu sein, ohne zu Zögern, das eigene Leben zu geben, um das andere zu retten, das ist eine Bereicherung. Es ist die denkbar größte Bereicherung für mein Leben. Wenn ich mich also heute entscheide, dann sind diese Entscheidungen noch besser überlegt, als jemals zuvor.

 

Dieser Beitrag ist im Rahmen der Blogparade #jetztentscheideich der Business Ladys entstanden. Natürlich gibt es noch viele andere Beiträge zu Entscheidungen und ihrer Findung!