Madame FREUDig hat die Blogferien bereits am Sonntag für beendet erklärt, heute folge nun auch ich. Ferien erscheint mir allerdings irgendwie ein unglücklich gewählter Begriff, denn frei hatte ich eher nicht und erholt bin ich auch nicht… Dafür aber waren Weihnachten und Silvester sehr schön (und anstrengend – hab ich schon anstrengend gesagt?). Eigentlich wollte ich heute zurückblicken bis Heiligabend, aber gerade schwirren mir andere Gedanken durch den Kopf. Die vielen Gedanken haben mit Mittwoch begonnen. Seit Mittwoch darf ich meinen Doktortitel ganz offiziell tragen. Jetzt ist es also endgültig, so richtig final vorbei – dieses Promovieren mit Kind. Mein Ausflug als Arbeiterkind in die Wissenschaft ist endgültig vorbei.

Etwas  unerwartet trifft es mich: Nicht das Ende – das war nach Abgabe und Verteidigung ja irgendwie absehbar – sondern, dass dieser komische Titel, der das Ende auch formal markiert, einen größeren Unterschied macht, als erwartet.

Aber vielleicht doch erstmal zum Anfang…

Meine persönliche Herausforderung

Kaum war ich auf der Zielgeraden meines Studiums, da kam die Gewissheit: Das kann doch nicht schon alles gewesen sein. Unmöglich.

Es war Februar 2010.

Mein eigenes kleines Forschungsprojekt, das wünschte ich mir. Ich wollte an der Schöpfung neuen Wissens beteiligt sein. Wissenschaftlich arbeiten. So richtig. Doch in die Wissenschaft wollte ich nicht. Jedenfalls nicht dauerhaft.

Auf  freiberuflichen Pfaden wandelnd, in die Abgründe akademischer Karrieristen blickend und erste Erfahrungen als Wissenschaftliche Mitarbeiterin sammelnd, wurde ich endlich fündig: Ein Stipendium.

Seit März 2012 durfte ich endlich weitgehend frei und selbstbestimmt forschen. Und ich forschte. Nie ging ich vollkommen darin auf, aber dann wäre ich auch nicht ich gewesen. Ich war schon damals mehr als „nur“ eine Forscherin. Dennoch kann man schon sagen: meine Doktorarbeit genoss eine hohe Priorität. Sie war mein akademisches Baby. Es war genau das, was ich wollte und brauchte.

Wenn Prioritäten sich plötzlich verschieben

Fast ein Jahr später hielt ich einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Ich war überwältigt von diesem neuen Leben, welches da plötzlich in mir wuchs. Meine Hierarchie der Prioritäten des Alltags wurde abrupt und wild durcheinander geworfen.

Schon ehe meine Püppi auf die Welt kam, waren sie und ihr Papa das Wichtigste für mich. Die Doktorarbeit wurde deshalb keineswegs unwichtig, vielleicht kam es sogar damals schon zu einer spezifischen Bedeutungsaufladung. Irgendwann wurde mir jedenfalls klar, dass ich eben nicht nur für mich promovierte. Dass mein persönliches Projekt auch ein Familienprojekt ist.

Mein Stipendium ermöglichte es mir, zu promovieren und gleichzeitig ein Kind zu bekommen. Ich konnte meine Tochter mit in die Uni nehmen, ich konnte von zu Hause aus arbeiten und ich konnte immer nur so viel oder wenig arbeiten, wir es uns gut tat. Ein Privileg – und zugleich verdammt viel Verantwortung.

Das Ding zu Ende bringen

Dank meiner Tochter durfte ich sogar vier statt drei Jahre promovieren. Familienförderung und Gleichstellungsmaßnahmen sei Dank. Anfang Februar 2016 gab ich meine Arbeit pünktlich ab. Es war der Tag, auf den ich lange hinarbeitete. Ein Kraftakt.

Die anschließende Jobsuche war ebenso kräftezehrend. In der Wissenschaft wollte ich nicht bleiben – und raus aus der Wissenschaft ist leichter gesagt als getan. Mutterschaft wird dabei auch nicht unbedingt honoriert. Die noch nicht abgeschlossene Promotion machte es ebenso nicht leichter.

Doch ich fand eine Stelle – die Stelle, die ich noch immer habe. Ein Glücksgriff. Kaum angefangen, machte sich auch schon der Babysohn auf den Weg. Doch die Verteidigung meiner Doktorarbeit schob sich nach hinten. Erst im Januar 2017 schließlich war es soweit. Ich verteidigte mein akademisches Baby, das mir stets wichtig geblieben ist, aber nie an die Lieben meines Lebens heranreichen konnte.

Gut gerundet stand ich da. Nein, ich saß überwiegend, denn die fortgeschrittene Schwangerschaft ließ langes Stehen kaum zu.

Promovieren mit Kind: Ein Blick zurück | Terrorpüppi | Reflektiert, bedürfnisorientiert, gleichberechtigt

Erfolgreich verteidigt, durfte der Babysohn endlich kommen. Nun zu viert. Die Veröffentlichung der Doktorarbeit entsprechend weit weg. Mental erst auf den Hochsommer, dann auf den Spät-sommer und schließlich auf den Herbst geschoben. Nach ausgiebigen Babykuscheln stand zunächst eine Hiobsbotschaft an, die mich nicht in Richtung Veröffentlichung trieb, sondern ins Krankenhaus.

Kaum war der Herzensmensch über den Berg, kamen unerwartet weitere Prüfungen auf uns kleine Familie zu. Krankheit, Tod, Beerdigungen. All das und mit Priorität Tag für Tag meine Kinder – da musste die Veröffentlichung einfach warten.

Dezember 2017. Nun aber Druck machen – und auch bekommen. Innerhalb von 12 Monaten muss die Arbeit veröffentlicht sein. Tja und Mittwoch war es plötzlich so weit – auf einmal ging es ganz schnell. Zwischen Tür und Angel bekomme ich die Doktorwürde ausgehändigt.

Die Tür des Architekturgebäudes der Technischen Universität Berlin schließt sich. Ich laufe dieselben Treppen hinab, die ich im Februar 2016 mit meiner ausgedruckten und gebundenen Doktorarbeit aufgeregt hinauf lief. Vorbei. Es ist zu Ende.

Ich hab ein dieser Lebensphase geliebt, gelebt, zwei Kinder bekommen, promoviert. Ich lebe und liebe weiter mit meinen unglaublichen Kindern und mit dem Wissen: Ich habe es geschafft.

Das Gefühl, das mich seit Mittwoch durchwühlt, ist gänzlich ungewohnt. Ich brauche ein wenig, um verstehen zu können, was es ist.

Es ist Stolz. Ich bin stolz auf mich.

Der Titel macht mich nicht zu einem besseren Menschen. Sicher nicht zu einer besseren Mutter. Aber er macht mich gerade zu einer Frau, die weiß: Ich habe es durchgezogen – Ich habe nicht aufgegeben. Jede Kritik und war sie manchmal noch so vernichtend, hat mich letztlich nur stärker gemacht. So oft der Alltag mich auch gepackt hat, so oft ich den Alltag auch selbst gepackt und die Doktorarbeit hinten angestellt habe, aufgegeben habe ich nicht. Durchgehalten zu haben und allen Hindernissen zum Trotz immer wieder neue Kraft gefunden zu haben, ja das macht mich gerade stolz und es gibt mir Kraft für neue Herausforderungen. Aber erstmal möchte ich schlafen. Ja schlafen wäre auch schön.

 

Von der Vergangenheit zurück in die Gegenwart: Meine Freitagslieblinge

Und da Freitag ist und ich es mir nicht nehmen lassen will, auch jetzt den Alltag zu feiern, in aller Kürze meine Freitagslieblinge.

Lieblingsmoment mit den Kindern

So recht entscheiden kann ich mich nicht. War es der Moment als mich der Babysohn zum Lachen brachte? Weil er seinem Vater „helfen“ wollte mit dem (alkoholfreien!) Bier?

Oder doch der Geschwisterplüsch, der mein Herz fast zum Platzen bringt?

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Lieblingsmoment nur für mich

Dieser Moment am Mittwoch, als ich ein wenig durcheinander seiend zum Auto laufe, mich hinsetze und anschnalle, aber nicht losfahre. Tief atmen und den eigenen Gefühlen lauschen.

Lieblingsessen der Woche

Ofenkäse, Salat und selbstgebackener Hefezopf.

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Inspiration der Woche

Klopapier, denn der Babysohn lehrt uns: Alles, was die Püppi ausgelassen gar, holt er jetzt nach. Ich sag nur „Klobürste…“

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Lieblingsbuch der Woche

Mein Lieblingsbuch kann in dieser Woche nur mein eigenes Buch sein. Ab nächste Woche gibt’s dann wieder Kinderbücher und Co.

 

Wie immer gibt es noch mehr Freitagslieblinge bei der BerlinMitteMom

Bis nächste Woche!
Eure Jessi

 

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