Im Untertitel dieses Blogs steht an erster Stelle „reflektiert“. Das haben wir sehr bewusst so gewählt, denn alles Wissen um Kinder, Beziehung und Erziehung nützt herzlich wenig, wenn wir nicht in der Lage sind, unser Handeln zu reflektieren. Aus Informationen wird erst Wissen, wenn wir sie verstehen. Doch verstehen ist noch zu wenig, solange dieses Wissen für unser Handeln weitgehend folgenlos bleibt. Erst das In-Bezug-Setzen mit unseren Erfahrungen, unserer spezifischen Situation, unseren Wünschen, Ängsten und Hoffnungen, sowie der Individualität unserer Kinder gibt uns die Möglichkeit, zu besseren Eltern zu werden.

Wie wichtig es ist, auch auf sich selbst zu blicken und nicht nur auf andere mit dem Finger zu zeigen oder mögliche Kritik immer gleich abzublocken, darüber habe ich auch hier schon geschrieben: Zum Whataboutism moderner Elternschaft. Wenn Eltern nur den eigenen Standpunkt kennen.

Elternschaft als Weg

Kinder machen uns zu Eltern und trotzdem ist dieses Elternsein ein stetiger Prozess des Elternwerdens (Zur Elternschaft als Reise gab es auch schon einen wunderbaren Gastbeitrag).

So wie unsere Kinder, lernen auch wir Eltern Tag für Tag dazu. Es ist meine Überzeugung, dass es uns zu besseren Eltern macht, wenn wir nicht aufhören, uns selbst zu hinterfragen. Zu erkennen, dass wir schwierige Situationen noch besser lösen können, macht uns nicht zu schlechten Eltern, die es nie gut genug machen. Sondern das Hinterfragen macht uns zu Eltern, die sich ihrer eigenen Grenzen und zugleich ihrer Lernfähigkeit bewusst sind. Eine maßvolle Selbstkritik ist dabei ebenso wichtig, wie sich selbst wertzuschätzen und zu lieben.

Natürlich sollte nie das vorherrschende Gefühl sein: „Nichts mache ich richtig, nie mache ich es gut genug„. Ebenso wenig aber ist das andere Extrem des „Ich mache schon alles richtig. Es ist alles genau richtig und gut genug so, wie wir es machen“ wünschenswert. Niemand macht alles richtig – und niemand macht alles falsch. Wir bewegen uns im Dazwischen.

Was ist schon „richtig“?

Zudem ist dieses „richtig“ keine absolute Bewertungkategorie. Was für den einen total richtig ist und nicht diskutierbar erscheint, kann für die nächste nämlich sehr wohl fraglich sein. So oder so aber treffen unsere Vorstellungen von richtig und falsch immer auf reale Situationen und auf reale Menschen. Wir werden dann mit ganz unterschiedlichen Erwartungen konfrontiert. Erwartungen können obendrein auch im Widerspruch untereinander stehen. Untereinander und auch mit den unsrigen.

Unsere Kinder können zeitgleich Hunger haben und trotzdem unbedingt weiter spielen wollen. Wir können in derselben Situation unbedingt pünktlich irgendwohin wollen und wollen zugleich keine Aufmerksamkeit durch lautstarke Konflikte mit unseren Kindern erregen. Das alles kann nicht schlicht „richtig“ oder „falsch“ gelöst werden. Auf Basis unserer bereits gemachten Erfahrungen, unseres aktuellen Gemütszustands und unserer Erwartung, was wohl passieren wird, suchen wir eine Lösung. Diese Lösung kann besser oder schlechter „funktionieren“ – je nachdem, welche Bedürfnisse wie miteinander vereinbart werden konnten und welche unerfüllt blieben.

Zwischen Selbst- und Fremdkritik

Reflektieren ermöglicht es uns, Abstand von einer Situation, einem bestimmten Verhalten und damit verbundenen Gefühlen zu nehmen, indem wir die Situation(en) erneut ganz oder teilweise  gedanklich durchspielen. Das geschieht natürlich nicht für jede Situation, denn vor lauter Reflektieren würden wir dann aufhören, einfach auch zu leben. Zur Reflexion kommt es – oder sollte vielmehr kommen – wenn eine Situation ein schlechtes Gefühl bei uns hervorgerufen hat. Wenn wir fühlen, dass da was nicht gut lief, dann sollten wir uns die Zeit zur Reflexion nehmen. Auch wenn es schmerzt.

Manchmal reflektieren wir aber auch, weil uns das durch äußere Kritik oder durch anregende Worte nahegelegt worden ist. Dann erkennen wir, dass bestimmte Situationen (hinsichtlich bestimmter Aspekte) womöglich doch nicht so gut gelaufen sind – obwohl wir das in den jeweiligen Situationen noch gar nicht so gefühlt hatten.

Die grundsätzliche Fähigkeit zur Selbstkritik ist ebenso wichtig wie die Fähigkeit, für äußere Kritik empfänglich zu bleiben. Für beides gilt: natürlich nicht unentwegt. Weder sollten wir uns permanent selbst in Frage stellen, noch sollten wir Kritik von anderen immer an uns heran lassen oder jedes Anderssein als Kritik begreifen. Die Dosis macht’s.

Reflektierte Elternschaft. Eltern werden - Eltern sein. Wir sollten immer bereit sein, uns und unser Handeln zu hinterfragen - nur so können wir gute Eltern sein | Terrorpüppi | Reflektiert, bedürfnisorientiert, gleichberechtigt

Kompetente Eltern hören nicht auf, zu reflektieren

Tatsächlich fürchte ich, dass viel zu viele Eltern eher zu einem der Extreme neigen und sich so entweder selbst als kompetente Eltern massiv in Frage stellen oder aber jegliche Reflexion weitgehend missen lassen und als Eltern eben nicht gemeinsam mit ihren Kindern wachsen.

Hoffentlich aber, womöglich sogar die Mehrheit der Eltern (- ich hoffe es jedenfalls -) findet ihren Platz im Dazwischen und erlebt sich gerade durch das gemeinsame Wachsen mit den Kindern als kompetente Eltern.

Dieser Blog ist Ausdruck der Reflexionsprozesse von Madame FREUDig und mir. Möge er auch euch da anregen, wo ihr Anregung braucht und möge er euch nicht dort verunsichern, wo ihr schon längst wachst und kompetent handelt.

 

Mit nachdenklichen Grüßen

Eure Jessi

 

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