Blogreihe: Familienleben zwischen Beruf und Berufung

Beruf. Familie. Beruf. Familie. Wenn von Vereinbarkeit die Rede ist, dann wird die Partnerschaft häufig außen vor gelassen. Dabei sind wir Eltern beinahe immer zuerst einmal einfach nur Liebende bevor da eine Familie entsteht. Für das dauerhafte Fortbestehen eines gemeinsamen Familienlebens ist es nicht selten von entscheidender Relevanz, dass die Eltern es schaffen auch weiterhin ein Liebespaar zu bleiben. Vor welche Herausforderungen die Zweisamkeit gestellt wird, wenn aus ihr plötzlich eine Dreisamkeit wird, hat auch Dani in ihrem Gastbeitrag beleuchtet.

„Aber was sich wirklich am meisten verändert hat, ist die Zweisamkeit. Wir waren immer auf uns zwei fixiert, wir haben unsere Liebe zelebriert und jetzt geht das einfach nicht mehr. Wir sind jetzt zu dritt, wir dritteln unsere Liebe, wir dritteln unser Bett, wir dritteln unser Sofa.“ 

Heute möchte ich mich dem Aspekt der Liebe bei der Vereinbarkeitsfrage zuwenden – und dabei nicht nur die Gegenwart in Augenschein nehmen, sondern auch ein kurzen Blick zurückwerfen.

Liebe – Ein Blick zurück
Jahrhunderte lang, nein Jahrtausende lang, waren die Rollen in der Familie und in der Ehe fest verteilt. Aufgabe der Frau war es sich innerhalb der Familie um ihre Liebsten zu kümmern. Hierzu gehörte Haus und Hof, die Zubereitung von Speisen, die Erziehung der Kinder und auch die Versorgung pflegebedürftiger Verwandten. Der Mann wiederum nahm die Rolle die Versorgers ein, der all das zu beschaffen hatte, was die Familie zum Leben und Überleben brauchte. Er musste Beschützer sein. Liebe oder gar romantische Liebe hatte da nicht ansatzweise den Stellenwert, wie sie es heute hat.

Liebe ist wie Familie ein uraltes Konzept. Als Gefühl kennt die Liebe verschiedene Formen und kann sich auf verschiedene Menschen beziehen. Liebe stellt eine intensive Zuneigung und Verbundenheit zu einem anderen Wesen dar und beinhaltet eine besondere Form der Wertschätzung. Liebe kann sowohl einseitig als auch gegenseitig empfunden werden. Eltern lieben ihre Kinder, Kinder ihre Eltern, Geschwister lieben einander, man kann Liebe für Oma, Opa, Onkel, Tante, den guten Freund oder den Familienhund empfinden. Liebe kann rein platonisch sein oder auch mit Sexualität verbunden sein. Man kann lieben, ohne je verliebt gewesen zu sein und man kann sich unentwegt verlieben, ohne je richtig zu lieben. Manche Menschen empfinden auch für eine höhere Macht eine tiefe innere Liebe.

Erst sehr spät entsteht auch das Bild der romantischen Liebe, wie wir heute an ihm festhalten. Romantische Liebe als Basis einer guten Ehe oder einer stabilen Partnerschaft ist keineswegs selbstverständlich. Diese Vorstellung entwickelte sich erst um 1800 in der Epoche der Romantik und stieg schließlich zum Ideal des Bürgertums auf. Die Vernunftehe ist von der Liebesheirat abgelöst worden, doch die zugedachten Rollen in der Beziehung und in der Familie blieben weitgehend stabil. Auch mit der Einführung des Frauenwahlrechts, der zunehmenden Emanzipation der Frau und den sich wandelnden Ansprüchen und Anforderungen in der Arbeitswelt wandeln sich die Geschlechterrollen nur langsam. Das Idealbild der romantischen Liebe hingegen bleibt, wenngleich ihre Gesichter noch mannigfaltiger geworden sind und die Herausforderungen, die Liebe zu bewältigen hat, ebenso.

Familienalltag, Berufsalltag, Liebe im Alltag
Wenn ein Kind auf die Welt kommt, dann gerät so eine Partnerschaft ganz schön in Trubel. Man muss sich nicht nur als Familie neu erfinden, sondern auch die Liebe muss sich einen neuen Platz in der Dreisamkeit erobern. Dieses Finden und Erfinden kann schnell und unproblematisch verlaufen, aber auch ein schwieriger langwieriger Prozess sein – und es kann scheitern. Ich hatte ja bereits im Eröffnungsbeitrag von der Work-Life-Balance gesprochen. Zwischen all den Verpflichtungen und Ansprüchen, die da insbesondere Familie und Beruf bereits in unseren Alltag hineintragen, können romantische Aktivitäten schnell in den Hintergrund geraten. Womöglich vergisst man sie viel zu häufig, die drei Worte, die einen selbst und denjenigen, an den sie gerichtet sind: Ich liebe dich.

Der Tag hat nur 24h, aber wir wollen Supermütter und Superpapas sein, Karriere machen oder zumindest unseren Job erledigen und wir wollen einen liebenden, begehrenswerten Partner und ein ebensolcher sein. Die Erwartungen sind hoch und manchmal frage ich mich, ob sie nicht vielfach schlicht zu hoch sind.
Immer wieder begegnen mir im wirklichen Leben wie auch in den sozialen Medien, rundherum glückliche Menschen, welche Familie, Beruf und eben ihre Liebe zelebrieren. Nicht selten untermalt mit rosa plüschigen Bildern. Ich weiß, dass das nur Ausschnitte sind, dass kein Mensch immer rundherum glücklich ist, sondern dass jeder auch schlechte Zeiten hat und auch, dass das präsentierte Glück vielleicht das Ergebnis harter Arbeit ist. Aber wissen und fühlen sind zwei Paar Schuhe. Immer wieder ertappe ich mich dabei, dass ich mir dann das, was mir gezeigt wird, ebenso wünsche und ich mich frage, warum wir das nicht gleichermaßen hinbekommen. Dann aber erinnere ich mich selbst daran, dass ich vielleicht nicht genau das, aber dafür so viel wunderbar anderes in meinem Leben, in meiner Familie, ja in meiner Liebe habe. Jedes Leben und auch jede Familie und jede Liebe ist auf ihre Weise einzigartig und genau das sollte sich ein jeder regelmäßig vor Augen führen. Dieses Einzigartige kommt aber nicht von allein, sondern es ist auch Arbeit, die Liebe zu erhalten und zu stärken.

Eine glückliche Familie zu haben und in einer liebevollen Partnerschaft dauerhaft zu sein, ist für sich genommen, schon eine echte Kampfansage, denn es gibt sie nicht, die Weltformel zum Festhalten des Glücks. Wir wollen oder müssen (oder beides) aber auch arbeiten. Das Nachgehen eines Berufs kann sowohl notwendige Bedingung für das Gelingen von Partnerschaft und Familie sein, wie auch das Übel, welches beides überschattet und immer wieder gefährdet. Das Vereinbaren von Beruf und Familie ist für die Liebe Belastung und Bereicherung zugleich. Was überwiegt, hängt natürlich von der jeweiligen Lebenssituation und den individuellen Bedürfnissen ab, aber eben auch, welche Erwartungen von außen an einen gerichtet werden und welche man an sich selbst stellt. Liebe ist in unserer modernen Zeit schon ohne Familie und Beruf unter einem enormen Druck, denn die Idealbilder aus Film und Fernsehen sind kaum erreichbar. Mit Familie und Beruf mag die Liebe eine Bereicherung erfahren (können) aber sie wird ebenso auch noch weiter unter Druck gesetzt. Für Christin, aber war klar, dass sich all der Aufwand lohnt.

„Deshalb reden wir oft darüber und stärken uns gegenseitig den Rücken, denn klar zweifeln wir auch an unseren Entscheidungen – besonders wenn die Froschprinzessin den ganzen Tag geweint hat und ich auf der Arbeit auch kein besonderes Erfolgserlebnis hatte. Am Ende des Tage sind wir aber froh und glücklich darüber, wie wir uns entschieden haben.“ 

Und auch für mich ist glasklar, für meine Familie, meine Liebe und meinen beruflichen Weg zu kämpfen und meinen persönlichen Weg der Vereinbarkeit zu finden, das kann sich nur lohnen.

Ebenfalls in dieser Reihe erschienen:
Und plötzlich war sie da: Die Vereinbarkeitsfrage 
Das Leben zu Dritt oder nur ein Drittel der Zeit (Gastbeitrag) 
Arbeit, die sich aber lohnt! (Interview)