Weihnachtsessen | Terrorpüppi | Reflektiert, bedürfnisorientiert, gleichberechtigt

Schenken und beschenkt werden, das sind ja für die meisten nicht ganz unwesentliche Elemente des Weihnachtsfests. Dabei hängt der Gute-Laune-Pegel nicht ganz unwesentlich auch von der Essensfrage ab. Daher widme ich mich nun in meinem letzten Teil der Serie „Weihnachtliche Rituale“ dem Weihnachtsessen.


Auf der Jagd

Ich war heute in einem Supermarkt. Oder wie ich es nenne: Überlebenstraining unter realistischen Bedingungen. Gezielt haben wir den 22. gewählt, denn wenn wir eines in den letzten Jahren gelernt haben, dann dass Supermärkte am 23. und 24. noch viel voller und gefährlicher sind.
Auf viele übel gelaunte Menschen trifft man aber auch schon am 22. Nur das Gedränge ist noch geringer. Nein, eigentlich ist es nicht nur das Gedränge. Was fehlt zwei Tage vor Weihnachten ist diese nackte Angst in den Augen der Leute. Die sieht man erst, wenn ihnen Lebensmittelknappheit und drohende Hungersnot bewusst werden. Diese Angst gepaart mit der Verzweiflung, wenn erste Lebensmittel ganz plötzlich nicht mehr in Hülle und Fülle vorhanden sind, ist so richtig greifbar dann eben doch erst kurz vor Toresschluss.
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Ich kann es also kurz machen. Abgesehen von herabhängenden Mundwinkeln war der Streifzug durch den Supermarkt doch erstaunlich ungefährlich. Viele scheinen ihre Kräfte noch zu sammeln – oder jagen vielleicht auch einfach noch den Geschenken nach.
So aus der Perspektive weihnachtlicher Rituale kann man die Nahkampf- und Jagdszenen im örtlichen Supermarkt ja auch besinnlich wenden. Womöglich gehört das für viele auch einfach zu Weihnachten dazu. Ritualisiertes Supermarktselbstmordkommando. Jahr für Jahr.

Putzteufel

Nachdem man so halbwegs unbeschadet wieder zu Hause angekommen ist, muss in aller Regel (jedenfalls bei uns) noch ein wenig (viel) Ordnung gemacht werden. Feiertage will man ja schließlich in einer schönen Umgebung begehen. Dazu gehören eben nicht Essensreste unter dem Tisch, Schokoflecke auf den Polstern und Krümel, Krümel und nochmals Krümel.
Während ich also aufräume, damit das spätere Weihnachtsmenü auch in ansprechendem Ambiente stattfinden kann, empfinde ich für einen kurzen Moment tiefes Verständnis für all diejenigen, die über Weihnachten nicht zu Hause sind, sondern sich entweder bei anderen Familienmitgliedern bekochen lassen oder aber gleich ganz in ein Hotel abhauen.
Aber nur kurz. Eigentlich bin ich nämlich froh, Weihnachten zu Hause zu verbringen.

Der Klassiker am Heiligabend

In lehne mich nicht wirklich weit aus dem Fenster, wenn ich nun sage, dass es wohl in sehr vielen deutschen Haushalten Heiligabend Würstchen mit Kartoffelsalat geben wird. Bei uns zu Hause wurde das früher noch ergänzt um Kasslerbraten und Hackepeterbrötchen. Bei Würstchen und Kartoffelsalat wird es bleiben, da wir aber nur zu dritt die Bescherung begehen, werden wir das kleine Menü nicht aufwendig ergänzen – zumal Mann und Kind den Hackepeterbrötchen nicht so zugewandt sind.
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Ja so ist das, wenn man eine neue Familie gründet. Nicht selten bringt der Partner etwas andere Rituale in die Beziehung ein. Bei Wiebke vom Verflixten Alltag beispielsweise gibt es entweder den Klassiker – oder aber Neunerlei: „Das heißt Fleisch, Klöße, Rotkraut, Sauerkraut, Sellerie, rote Rüben, Meerrettich, Senf, Kompott (Erzgebirge).“ Sie scheint sich da flexibel anpassen zu können. Kann ja auch nicht jeder.

Auch wenn viele es Heiligabend eher simpel halten, es muss dennoch nicht immer Kartoffelsalat sein. Der spürbare Verkaufserfolg von Käse schon vor Weihnachten lässt es erahnen. Käsefondue und Raclette sind in einigen Familien auch schon Heiligabend hoch im Kurs, so etwa bei Simone von Kiko Kinderkonzepte:“Ansonsten machen wir Heiligabend IMMER Fondue (Ritual aus meiner & seiner Familie) und Vormittags gemeinsam 4 selbstgemachte Soßen.

Ich selbst kenne Raclette hingegen fast ausschließlich von Silvester… so soll es auch in diesem Jahr wieder anstehen!

 

Ran an die Töpfe und rauf auf den Tisch

Während sich bei uns der Aufwand in der Küche am 24. noch in Grenzen hält, wird mein Gatte am Ersten Weihnachtsfeiertag ein 4-Gänge-Menü zaubern.
Anders als in den letzten 30 Jahren werde ich dabei das erste Mal am ersten Weihnachtsfeiertag keine Geflügeltier essen, sondern Wild. Da werde ich auf meine alten Tage ja doch noch weihnachtlich flexibel.
Ein festliches Mahl soll natürlich auch vom Ambiente her glänzen. Das feine Porzellan wird also auf dem Tisch platziert und auch Deko findet ihren Weg auf die Tafel, welche ausnahmsweise mit einer weißen Tischdecke umhüllt wird.

Ganz zuletzt werden auch wir selbst uns schick machen. Die Püppi wird ein schickes Småfolk-Kleid mit Engeln tragen, welches ich erst kürzlich bei einer Verlosung gewonnen habe. Auch ich werde ausnahmsweise ein Kleid rausholen und mich aufmotzen. Der Mann wird bestimmt auch sehr schick aussehen, auch wenn für das festliche Menü daheim nicht gleich Sakko und Manschettenknöpfe* Pflicht sind. Ich finde ja, dass man sich auch in seiner Feiertagskleidung wohlfühlen sollte. Wobei ich dann nicht mal ausschließen kann, dass der Gatte doch noch seine Anzug rausholt – den trägt er nämlich gern.


Was gibt es denn bei euch Heiligabend und an den beiden Feiertagen so zum Essen?


* Diesen Link habe ich im Rahmen einer Kooperation gesetzt.