
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg?
Meine Mama hat nach dem Mutterschutz direkt wieder Vollzeit gearbeitet. Ich habe mich immer gefragt, wie sie das geschafft hat. Am Ende ist doch immer der Arbeitgeber das letzte Glied in der Kette, der dann doch irgendwie darunter zu leiden hat. Das sind zumindest die Befürchtungen von Chefs, wenn es um die Tätigkeit von Müttern während oder nach der Elternzeit geht. Natürlich gibt es auch Väter, die sich gerne auch um die Kindererziehung kümmern bzw. bereit sind, dafür im Job kürzer zu treten. Die Arbeitgeber, die das gerne sehen und sogar unterstützen, gibt es auch heutzutage noch eher selten. In vielen Familien ist es immer noch so, dass der Mann das höhere Einkommen hat und dadurch schon alleine aus finanziellen Gründen die Frau Elternzeit nimmt und sich um die Kinder kümmert.
Was sollte schon schief gehen
Ich habe schon weit vor der Geburt unserer großen Tochter einen Teilzeitvertrag (1 Tag pro Woche) während der Elternzeit abgeschlossen. Das war zunächst rein aus finanziellen Gründen, weil wir eine ungünstige Krankenkassen-Konstellation haben und deshalb auch für mich Krankenkassenbeiträge fällig wurden, wenn ich kein Gehalt bekomme. Durch die Teilzeittätigkeit wurde dann mein Krankenkassenbeitrag bereits vom Gehalt abgeführt. Mein Chef hat immer gesagt, ich solle doch erstmal abwarten, wie das alles klappt nach der Geburt. Ich wollte den Vertrag aber vorher fest machen und war mir sicher, dass es schon irgendwie geht. Die Betreuung war gesichert durch die Tagesmutter, die wir auch schon vor der Geburt kennengelernt haben. Was sollte schon schief gehen, dachte ich mir. Und ja, wir haben es irgendwie geschafft und rein aus finanzieller Sicht hat es sich auch gelohnt, obwohl ich im Nachhinein sage, dass der Aufwand und das schlechte Gewissen der Ersparnis nicht unbedingt in guter Relation gegenüberstand.
Beim zweiten Kind sollte es anders werden
Deshalb wollte ich das beim zweiten Kind auf jeden Fall anders machen und habe deshalb vorzeitig geplant, indem ich meinen Vollzeitvertrag dauerhaft reduziert habe auf Teilzeit und somit die Situation damit etwas verbessert wurde, weil in diesem Fall durch das reduzierte Gehalt vor der Elternzeit keine Beiträge zur Krankenkasse während der Elternzeit anfallen, auch wenn ich kein Einkommen habe.
…damit die Kinder so wenig wie möglich betreut werden
Sicherlich bin ich in meiner Einstellung ziemlich speziell und es gibt auch viele unqualifizierte Kommentare, wenn ich über unser Familienmodell spreche. Ich möchte so viel Zeit wie möglich mit meinen Kindern verbringen und möchte deshalb so wenig wie nötig arbeiten, damit die Kinder so wenig wie möglich betreut werden müssen.
Eine Vollzeit-Betreuung im Kindergarten mit 9 Stunden pro Tag könnte ich mir auf der anderen Seite auch nicht vorstellen. Was habe ich davon, wenn ich total müde reizüberflutete Kinder abhole, die dann nach dem Abendessen übermüdet ins Bett fallen bzw. von den Tageserlebnissen total überdreht sind? So wird dann die komplette Qualitäts-Zeit, die Eltern und Kinder gemeinsam haben, aufs Wochenende gelegt, weil in der Woche nicht viel Zeit übrig bleibt. Dann soll alles nachgeholt werden, was dann meiner Meinung nach auch in Stress ausarten kann, je nachdem wie man es organisiert. So sind meine Kinder einzelne Tage komplett in Betreuung, wenn ich arbeiten bin. Dafür ist die Kleine dann die übrigen Tage komplett bei mir und die Große geht dann nur vormittags in den Kindergarten. Dadurch, dass ich ganze Tage arbeite, geht die Große dann mittags auch zur Tagesmutter, sodass sich der weitere Vorteil ergibt, dass ich nach der Arbeit beide Kinder an einem Ort, nämlich der Tagesmutter, abholen kann. Natürlich ist an diesen Tagen der Tag dann gelaufen und mehr als Abendessen und das Abend-Ritual ist nicht zu erwarten. Trotzdem bleiben dann noch andere Tage, an denen wir gemeinsam frühstücken, gemeinsam Mittagessen und nachmittags gemeinsam etwas unternehmen können.
Natürlich mache ich mich irgendwie abhängig, aber…
Dass das alles so klappt mit Arbeitgeber, Tagesmutter und auch nicht zuletzt meinem Mann, der meine Einstellung teilt und unterstützt, dafür bin ich unendlich dankbar. Grundsätzlich ist es natürlich so, dass jeder Arbeitnehmer seine Stundenzahl reduzieren kann und sogar den Anspruch auf Teilzeit hat – ob dauerhaft oder während der Elternzeit ist dabei egal. Die Tagesmutter habe ich bereits vor der Geburt der Großen kontaktiert und es passte sofort von beiden Seiten. Und mein Mann mag seinen Job sehr, sodass es für ihn kein großes Opfer ist, weiterhin Vollzeit zu arbeiten.
Während viele nach einer höheren Betreuungsstunden-Zahl bzw. flexibleren Zeitfenstern schreien, sodass bestenfalls sogar eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung möglich ist, vermisse ich das Angebot der niedrigeren Betreuungsstunden von z. B. 25 Wochenstunden, die es in meinem Wohnort kaum bis gar nicht mehr gibt, weil sie zu wenig nachgefragt werden. Verständlicherweise sind sie nicht so gefragt, weil viele Berufspendler gerade aufgrund der gestiegenen Fahrzeiten zum Arbeitsplatz mit 5 Stunden pro Tag auch nicht auskommen. Trotzdem finde ich es ungerecht, dass die Eltern, bei denen die Mutter (oder in seltenen Fällen vielleicht auch der Vater) ganz zu Hause bleibt, trotzdem gezwungen sind, einen 35- oder sogar 45-Stunden-Platz zu nehmen oder zumindest zu bezahlen, selbst wenn das Kind mittags abgeholt wird, damit es eben auch in der Woche noch gemeinsame Familienzeit gibt. Dadurch werden wir, die das klassische Modell leben, eingeschränkt. Immer wieder hörte ich in letzter Zeit auch die Aussage, dass ich keine Chance auf einen Betreuungsplatz über 3 Jahren habe, weil nur noch unter-3-Jährige Kinder aufgenommen werden. Damit habe ich also im Endeffekt für meine unter-3-jährigen Kinder keine Wahl mehr, ob ich mein Kind bei Tagespflegepersonen (Tagesmütter/ Tagesväter) betreuen lasse oder in einer Kita. In meinem Wohnort gibt es noch wenige Kindergärten, die nur 3-Jährige aufnehmen. Diese werden aber immer weiter reduziert bzw. umgebaut für U3-Betreuung. Nicht zuletzt wird dadurch auch Konkurrenz geschaffen, sodass die Tagespflegepersonen immer härter kämpfen müssen bzw. viele sogar ihre Betreuungsplätze nicht besetzt bekommen, was ich sehr traurig finde.
Mag sein, dass wir in unserem Modell einfach Glück gehabt haben, dass das alles so gut zusammenpasst und damit mein Job mit dem Familienmodell vereinbar ist. Vielleicht haben aber auch alle Beteiligten gemeinsam daran gearbeitet, um einen Weg zu finden, der für alle passt, um eine Vereinbarkeit zu ermöglichen. Gemäß dem Motto „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!“
Danke für den Beitrag!
Wir versuchen es ebenfalls mit dem Modell und haben nun schon mehrfach deshalb erklären oder sogar diskutieren müssen.
Die Wichtigste Frage für uns besteht nun im Kindergartenbereich,da es anscheinend wie beschrieben kaum Chancen für Ü3-Kinder gibt.So jedenfalls hier in Mülheim.