Das von Christian Hanne auf meiner Waschmaschine in Großaufnahme

Man könnte mir vorwerfen, ich hätte es womöglich vergessen. Irgendjemand meint sicherlich, dass ich da nur einen alten Hut aus der Schublade zaubere. Irgendwo und bei irgendwem sei das alles schon gesagt worden. Kannste dir sparen. Kannste dir schenken. Lass mal… Ist einfach zu spät für diese Rezension.

Ich könnte mich daraufhin entschuldigen, denn es stimmt ja schließlich: Ich bin spät dran.

Tue ich aber nicht. Nix da mit Entschuldigung. Ich habe schließlich die allerbesten Gründe dafür, dass es ein ganz kleines bisschen gedauert hat.

Die Ursache dafür, dass ich so spät mit meiner „Rezension“ dran bin, ist schlicht, weil so banal und zugleich genial, dass ich einfach Zeit benötigte: Ich habe nämlich geile Klolektüre für seiende und angehende Eltern gefunden. Zu dieser Erkenntnis kann man allerdings nur kommen, wenn man auch eine entsprechende Langzeitstudie durchführt.

Schon seit dem 7. September 2016 steht das Buch, von dem ich hier rede, im Handel. Wohl fast genauso lange weilt es bei mir im Bad.

(Es weilte dort lange – es langweilte nicht. Ein kleiner, aber sehr feiner Unterschied.)

Das Buch fand seinen Weg zu mir ohne Vorankündigung. Der Autor Christian Hanne hat mir einfach ohne Formulierung von Erwartungen bezüglich jedweder denkbarer Gegenleistungen ein Exemplar mit persönlicher Widmung zukommen lassen. Ich sag euch: Wat hab ick mir gefreut.

Mit großen Erwartungen meinerseits begann ich mit der Lektüre. Christians humorvolle Schreibe kennt bestimmt schon der ein oder andere von seinem Blog Familienbetrieb. Ja, sein Humor ist sogar so ansteckend, dass ich mich selbst einmal in einer tödlichen Geschichte versuchte. Schwer verliebt war und bin ich schließlich in den Tod.

Ich hatte da also plötzlich dieses Buch… und ich hatte eine Tochter. Wer selbst Kinder hat, weiß womöglich, was das bedeutet. Wann immer ich mich gemütlich mit dem Buch hinsetzen wollte, hielt sie mich erst vom Lesen und schließlich vom drüber Schreiben ab.

„Mama guck mal, Mama komm mal, Mama mach mal, Mama hüpf mal, Mama sing mal, Mama probier mal… Nein Mama, nicht so.“

Bücher im Badregal. Neben Hanne stehen Kracht, Murakami und einem Historienroman

So begab es sich, dass das Buch sehr schnell einen neuen Platz fand. Das Badezimmer. In Reichweite des Klos genau genommen. Zwar habe ich auch hier nicht immer ungestört meine Ruhe, aber manchmal fordere ich erfolgreich mithilfe meiner unbändigen Autorität Me-Time ein. Also echte Qualitätszeit. Auf dem Klo. Dank Schwangerschaft bis März diesen Jahres war ich sowieso etwas häufiger dort… Also Extra-Lese- und Denkzeit!

Freilich. Niemand braucht Monate, um dieses Buch zu lesen. Selbst ich nicht. Doch gute Klolektüre hat so eine Eigenart. Sie bleibt beim Klo. Ich hingegen blogge nicht auf dem Klo. Also eigentlich. Denn damit es doch noch zu diesem Beitrag kommt, hatte ich mich dazu entschlossen, eine Ausnahme zu machen. Ich begann folglich diesen Beitrag auf dem Klo zu verbloggen.

Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith. So heißt das gute Buch im Übrigen und im Rahmen meiner eigens konzipierten Langzeitstudie gab es nicht nur ausgedehnte Selbstbeobachtungen, sondern meine Gäste wurden – ohne es zu wissen – zu Objekten einer ausgedehnten Untersuchung: Gäste haben nämlich die Angewohnheit, irgendwann mal ins Bad zu müssen. Was sie dort tun, unterliegt natürlich weitgehend ihrer Privatsphäre. Ich frage da prinzipiell nicht weiter nach. Was ich hingegen gut beobachten kann, ohne als Spannerin strafrechtlich relevant in Erscheinung zu treten, ist das Bücherregal im Bad. Und in eben diesem wechselte besagtes Buch verdächtig oft seinen Platz. Wieso das sogar bei wiederkehrendem Besuch zu beobachten war, dafür habe ich so ein paar Thesen:

1. Das Buch hat einen roten Einband. Ähnlich einem Stier konnten die Gäste einfach nicht anders als darauf los zu preschen.

2. Das Buch ist recht dünn und handlich. Es ermutigt auf diese Weise auch notorische Nicht-Leser dazu, die Augen mehrfach von links nach rechts zu bewegen und dabei Sinn in Buchstaben hinein interpretieren zu wollen. Vielleicht hoffen meine Gäste auch auf Bilder. Diesbezüglich aber hoffen sie vergeblich…

3. Das Buch weist entweder einen originellen Titel auf (Yay!) oder aber da braucht jemand angesichts offenkundiger Unfähigkeit, einen akzeptablen Jungennamen zu bestimmen, dringend Hilfe (Psychiater gefällig?). Meine Gäste sind sowohl künstlerisch interessiert, als auch sehr hilfsbereit. Beides ist also denkbar.

4. Unter Umständen liegt es aber doch vor allem am unterhaltsam präsentierten Inhalt. Dieser wird mit bildgewaltiger Sprache so erfolgreich transportiert, dass man sich zeitweise mit hungrigen Zwergkaninchen an Hochzeitstischen sitzen wähnt. Auch stellt man sich unweigerlich vor, wie Christian während eines Gottesdienstes an Pups-Witze denken muss… und denkt sich zwangsläufig selbst welche aus.

Während ich diese Zeilen schreibe, beginne ich außerdem, dem Autoren eine mittelschwere Essstörung zu diagnostizieren. Vordergründig mag das Buch von der Familiengründungsphase Christians handeln. Doch jeder Deutsch-Leistungskursler würde erkennen, dass das eigentliche Motiv das Essen ist. Oder vielmehr das „nie genug Essen haben“. Aber das soll hier heute nur eine Randnotiz sein.

Über die konkreten Gründe, warum meine Klogäste immer wieder nach diesem Buch greifen, kann ich freilich nur spekulieren. Für mich zählt letztlich nur: Zu guter Klolektüre wird einmal gegriffen, zu geiler immer wieder.

So bleibt mir letztlich nichts anderes übrig, als erneut dieses Buch zu packen und wie ein kleines Kind zu kichern. In Christians Welt eintauchen heißt, unglaublich vertrauten Gedanken zu begegnen, die man selbst aber nie derart in Worte fassen könnte. Mit Appetit auf Käsekuchen beende ich daher nun diesen Beitrag. Und wenn das Buch nicht von einem Gast gestohlen wird, dann steht es auch morgen noch bei uns direkt beim Klo.

 

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