Es gibt Blogger*innen und Blogs, die wachsen uns unglaublich ans Herz. Julia und Max gehören mit ihrer guten Kinderstube definitiv dazu. Nun haben es sich die beiden erst vor kurzem so richtig gemütlich auf ihrer eigenen Domain gemacht, um ihren bedürfnisorientierten Blog noch schöner (als sowieso schon) zu gestalten. Da mir ein paar Fragen durch den Kopf gegangen sind, habe ich mich nicht zurückhalten können und lud beide zu einem kleinen Interview ein.

Jessi: Liebe Julia, lieber Max, euer Blog ist ganz frisch an den Start gegangen. Dazu erst einmal Gratulation! Terrorpüppi ist ja auch erst im Oktober in einem neuen Gewand erschienen und wir können uns gut daran erinnern, was das für ein tolles Gefühl war. Nun lesen Madame FREUDig und ich euch schon eine ganze Weile, doch unsere Leser*innen kennen euch vermutlich noch nicht alle. Wer seid ihr und wofür steht euer Blog?

Julia und Max: Wir sind Julia und Max und leben mit unseren beiden Kindern (5 und 2) in Ingelheim am Rhein. Die gute Kinderstube wurde vor 3,5 Jahren von mir (Julia) eröffnet, weil ich das Bedürfnis hatte, über unseren Weg als Familie zu schreiben. Zum einen wollte ich meine Gedanken zur Bedürfnisorientiertheit für mich ordnen, zum anderen fand ich, es kann nicht genug Texte und Beispiele dazu geben. Im letzten Jahr hatte Max dann Lust, auch seine Sicht hinzuzufügen. Wir bloggen regelmäßig unregelmäßig über unseren Weg als Familie und über alle Themen, die uns interessieren. In der nächsten Zeit werde ich zusätzlich noch die neue Kategorie „Frag die gute Kinderstube“ eröffnen und sowohl die Fragen einiger Familien an mich als auch meine Antworten an sie veröffentlichen. Und es wird eine Bücherecke geben.

Jessi: Elternblogs sind politisch. Was glaubt ihr, was können Elternblogs im Allgemeinen bewirken und was speziell „Die Gute Kinderstube“?

Julia: Das Private ist politisch und das sieht man auch an Blogs. Ich hoffe, wir können mit der guten Kinderstube dazu beitragen, dass bestimmte Themen, die uns am Herzen liegen, immer öfter gelesen werden und so Impulse setzen. Wir zeigen, dass es nicht nur ein paar wenige Hippies sind, die auf klassische Erziehung verzichten wollen oder denen die Rosa-Hellblau-Falle gehörig auf den Sack geht. Und da jeder Blog eben eine Spielart des Familienlebens zeigt und einen bestimmten Ton hat, werden unterschiedliche Leser erreicht.

Max: Wir möchten mit unserem Blog Impulse geben, scheinbar festgefahrene und verkrustete Meinungen und Routinen zu hinterfragen. Uns liegt sehr viel daran, an einer Gesellschaft zu arbeiten, in der unsere Kinder frei(er) aufwachsen können, als wir es taten. Wir möchten unseren Weg und unsere Meinung zeigen und andere Menschen darin bestärken, dies auch zu tun.

Jessi: Welche Themen werden durch Familienblogs eigentlich noch viel zu wenig thematisiert?

Julia: Ich weiß nicht, ob ich das beantworten kann, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich das ganze Spektrum lese. Jeder sucht sich das raus, was ihn interessiert, die Art zu Schreiben, die ihm sympathisch ist.

Max: Ich denke „Familie“ ist ein riesiges Themengebiet und so individuell jede einzelne Familie ist, so sind es auch die Themen, die ein Blogschreiber aufgreift. Dadurch, „dass jeder sein Päckchen zu tragen hat“ kommt auch die Vielfalt der Themen zu Stande.

Jessi: Welche Veränderungen habt ihr in den letzten Jahren in Elternblogs wahrgenommen und wie findet ihr diese Veränderungen? Wie werdet ihr mit diesen Veränderungen bei eurem Blog umgehen?

Julia: Ich denke, es gibt immer mehr Blogger, die mit dem Bloggen auch Geld verdienen wollen. Da geht es unheimlich stark um Marketing, um Zahlen, Suchmaschinenoptimierung und Markenbildung. Mich hat das eine Zeitlang richtig blockiert, weil ich das Gefühl hatte (und manchmal noch habe), dass es nicht reicht, mit Herz zu schreiben. Um eine größere Leserschaft zu erreichen, muss man scheinbar Zeit und Energie in das Drumherum stecken. Dazu hatte ich gar keine Lust. Ich bin nicht Familienberaterin geworden, um so viel Zeit mit Marketing zu verbringen.
Max hat mir jetzt meinen großen Wunsch erfüllt, eine eigene Adresse im Netz zu haben und mir/uns die gute Kinderstube neu gestaltet. Auf manche Dinge, die uns auffindbar machen, achten wir ein wenig, das war es aber auch. Sollten wir jemals genug Leser haben, dass wir Kooperationen machen können, werden wir das nur dann machen, wenn es zu uns passt und auch nur, um die Kosten, die wir durch das Bloggen haben, zu decken.

Max: Authentizität ist ein sehr häufig gebrauchtes Wort in der Blogger-Szene. Leider habe ich das Gefühl, das die „authentische Sichtweise“ jedoch zu einem großen Druck bei anderen Schreibern als auch Lesern führt. Bei uns sieht es mit zwei Kindern einfach nicht jeden Tag total sauber und „clean“ aus. Manche Familien- und Elternblogs vermitteln das leider. Gerade die visuelle Macht von Instagram trägt dazu bei. Glücklicherweise gibt es jedoch auch eine, nicht ganz frei von Ironie gemeinte, Gegenbewegung, die „für mehr leben“ sorgt.

Jessi: Was macht eure Leserschaft aus und wen würdet ihr außerdem gerne erreichen?

Julia: Genau weiß ich das gar nicht. Ich bekomme nicht so viel Feedback von meinen Leser_innen. Die, die kommentieren, Mails schreiben und mittlerweile auch mal Beratungen bei mir buchen, sind alle an Bindung, Beziehung und Bedürfnisorientiertheit interessiert, denke ich. Sie suchen, so wie ich als ich anfing Blogs zu lesen, Anregungen und Impulse für ihr eigenes Leben.
Ich freue mich einfach über jeden einzelnen Menschen, der bei uns mitliest und den wir mit unseren Texten berühren, nachdenklich machen oder bestärken können. Und wenn die Menschen sich mit uns Austauschen und kommentieren, dann macht mich das richtig glücklich.

Max: Leider ist es ja oft so, dass gerade die Menschen Blogs oder uns lesen, sich schon im Vorfeld mit der Materie beschäftigt haben. Ich würde mir wünschen, noch einige mehr zu erreichen, die noch nicht so in diesem Thema drin sind.

Jessi: Liebe Julia – eine Frage speziell an dich. Gerade Madame FREUDig interessiert sich sehr auch für deine (eure) Stillgeschichte. Bestimmt kennst du auch ihren Text über die Lust am Stillen. Wie fühlt sich das Stillen für dich als Langzeitstillende an? Inwieweit steht es auch mit der Bindung zu deiner Tochter im Zusammenhang? Was sind deine persönlichen Beweggründe dafür und welche Befürchtungen trägst du ganz persönlich womöglich sogar mit Blick auf das Ende eurer Stillbeziehung?

Julia: Meine Stillgeschichte fing ganz simpel an: Ich beschloss, das mit dem Stillen mal für die empfohlenen 6 Monate zu versuchen. Und es klappte von Stunde eins an so gut, dass wir nie Probleme hatten. Meine Hebamme war geradezu fasziniert davon, wie natürlich bei uns das Stillen war, wie eingespielt wir quasi sofort waren. Das hat sich natürlich gut angefühlt, denn gerade als frisch gebackene Mama ist es so wertvoll, sich kompetent zu fühlen. Insgesamt hatte ich bei meiner Großen von Anfang an das Gefühl, genau zu wissen, was sie braucht. Die Krankenhaushebamme sagte, sie hätte selten ein so symbiotisches Mama-Kind-Team gesehen wie uns. Ich bin mir sicher, auch ohne das Stillen, hätten wir eine sichere Bindung aufgebaut. Mit dem Stillen fiel es ganz leicht.

Nach und nach eignete ich mir mehr Wissen zum Stillen an und sah nach 6 Monaten keinen Grund, abzustillen und stattdessen Pulver anzurühren. Es kam mir total absurd vor, wenn ich ehrlich bin. Und dann dachte ich, ich schaue mal, wie lange es uns beiden gut tut. In der Schwangerschaft mit meinem zweiten Kind hatte ich kaum noch Milch. Trotzdem blieb meine Tochter dran, so dass ich dann zwei Kinder stillte. Das war schön und praktisch und ich glaube, es hat viel Konkurrenz und Eifersucht verhindert. Also war es wieder nur positiv und ich hatte keinen Grund, es anders zu machen.

Im letzten halben Jahr wurde es mir dann zunehmend unangenehm. Ich wollte nicht mehr öffentlich stillen, weil ich plötzlich das Gefühl hatte, dass meine Tochter nun auch mitbekommen würde, dass das nicht normal ist. Sie wird schon wegen so vieler Dinge angesprochen, die wir anders machen. Ich wollte nicht, dass das Stillen für sie irgendwann durch Kommentare von außen belastet wird. Und schließlich war es für mich an der Zeit, sie abzustillen. Wir redeten immer mal darüber, dass es bevorsteht und sie reduzierte von alleine sehr stark. Den letzten Schritt ging ich dann. Sie wünscht sich jetzt eine Still-Abschiedsparty, auch, weil es sie etwas traurig macht. Mamamilch war immer ihre Lieblingsspeise. Und ich? Ich bin auch etwas nostalgisch, dennoch ist es gut so, wie es ist.

Meinen Sohn stille ich noch und ich habe Vertrauen, dass auch wir unseren Weg dahingehend finden werden.

 

Liebsten Dank, dass ihr zwei euch die Zeit für unsere Fragen genommen habt.

Ganz zum Schluss möchte ich unseren Leser*innen noch zwei besondere Lesetipps mitgeben:

  • Hier schreibt Max über das („Langzeit“-)Stillen von Julia…
  • und hier wiederum greift Julia ein Thema auf, das mir sehr am Herzen liegt: Die Rosa-Hellblau-Falle.

Liebste Grüße Jessi

 

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