Blogreihe: Familienleben zwischen Beruf und Berufung 

Mit Dani (Glucke und so) und Anna (Familie Mottes kunterbunte Welt) waren in dieser Blogreihe schon zwei tolle Bloggerinnen zu Gast bei mir auf dem Blog. Heute geht es genauso weiter. Ich darf euch heute einen sehr aufschlussreichen Beitrag von Yasmin präsentieren, die sonst besser bekannt ist unter ihrem Bloggernamen Rabenmutti, unter dem sie auch ihren Blog führt. Und wer sich ein bisschen in der Tierwelt auskennt, weiß ja, dass Rabenmuttis ganz zu unrecht ihren Ruf haben. Viel Spaß nun aber beim Lesen!


Man kann keine Vollzeitkraft und Vollzeitmutter sein

Ein Gastbeitrag von Yasmin, Die Rabenmutti


Neulich kam bei Terrorpüppi eine Diskussion um Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf. „Genau mein Thema“ dachte ich mir und habe mich alsbald freiwillig gemeldet, als sie nach BloggerInnen für einen Gastbeitrag gesucht hatte.
Geplant war eigentlich einen Beitrag dazu zu schreiben, wie ich mein Leben trotz 2 Jobs, Blog und Kind handle, aber dennoch wohl nie meine gewünschte Führungsposition erreichen werde. Allerdings hat sich seither einiges getan, weswegen ich das Thema gern ein wenig anders ausrichten möchte. Auf Twitter gab es zuletzt eine Diskussion zu Müttern, die in Teilzeit arbeiten, aber die gleiche Leistung erbringen wie Vollzeitmitarbeiter. Wenig später kam dann der Beitrag von einer Dame (die ich nicht benennen möchte, um ihr nicht noch mehr Bühne zu bieten) auf Brigitte online, der genau das Gegenteil behauptet hatte: Mütter bremsen ihre Kollegen aus. Und das war noch der nette Teil des Artikels.

Bildrechte liegen bei der Rabenmutti

Teilzeitkräfte sollten Vollzeitarbeiten erledigen – NOT

Nun bin ich in mich gegangen und habe beide Seiten überdacht. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass keine der beiden Seiten so wirklich auf mich zutrifft: Einerseits bin ich nur in Teilzeit beschäftigt. Ich arbeite 30 Stunden in der Woche, bin also 3,5 Tage auf der Arbeit. Die restliche Zeit verbringe ich mit meiner Tochter Claire. Wenn sie im Bett ist, arbeite ich noch für einen weiteren Arbeitgeber und kümmere mich um meinen Blog (der auch ein bisschen Taschengeld einbringt). Schon jetzt merke ich, wie mir das an die Substanz geht. Einerseits hätte ich gern mehr Zeit für Claire, aber andererseits bin ich derart gestresst, dass sie mir auch schnell auf die Nerven geht und ich auch schonmal einen Schrei loslasse, wenn es eigentlich nicht angebracht ist. Das tut mir dann auch immer sofort leid, weil ich weiß, dass es eigentlich meine Schuld ist. Ich bin überfordert. Sehe aufgrund der finanziellen Situation aber keine andere Möglichkeit, als weiterhin so viel zu arbeiten.
Allerdings sehe ich es dann auch nicht ein, so viel zu arbeiten, wie es manch Mutter in der Twitter-Diskussion für angebracht hält: Man solle genauso viel arbeiten wie eine Vollzeitkraft. Wenn man mal wegen des Kindes zu Hause bleiben muss, muss man alles in Windeseile aufarbeiten. Keine Pausen machen, durcharbeiten, bloß nicht verschnaufen. Ja geht´s noch? Nicht, dass eine Mutter ohnehin eine 3-fach Belastung aushalten muss, dann darf sie sich auch noch keine Pausen gönnen und soll bei sehr viel weniger Gehalt das gleiche leisten? Never. Also wer sowas macht, sorgt gerade dazu, dass Mütter unfair behandelt werden. Ich weiß, dass ich als Teilzeitkraft keine 100% geben kann und will das auch nicht, denn dann will ich auch genauso gut bezahlt werden. Keine Diskussion.

Mütter bremsen ihre Kollegen aus

Natürlich heißt das aber auch nicht, dass
eine Mutter ihren Kolleginnen im Weg steht, wie es der Artikel auf der Brigitte behauptet hat. Eine scheinbar kinderlose Frau, hat ihren Eindruck über Mütter im Büro veröffentlicht und sich dabei wirklich allerlei Klischees bedient: Mütter zeigen ständig Babyfotos umher (habe ich bisher erst einmal gemacht, nachdem der Kollege Hundefotos gezeigt hatte), Mütter machen ständig früher Schluss, weil sie das Kind abholen müssen, wegen Müttern leidet die Projektarbeit …
Dazu möchte ich grundsätzlich mal sagen, dass ich die deutsche Einstellung zur Arbeit grottig und unhaltbar finde: Es wird von jedem erwartet Überstunden zu machen, am besten kostenlos, ohne Ausgleich. Regelarbeitszeit gibt es nur dem Gesetz nach, die Dunkelziffer ist eine ganz andere. Wenn man dann als Mutter pünktlich Feierabend machen will, gilt man direkt als unkollegial? Da kann ich nur den Kopf schütteln. Ein bisserl Verständnis wäre ganz nett, junge Dame. Immerhin hört es nach Feierabend noch lange nicht auf für uns. Aber egal. Natürlich schaffen wir Muttis nicht die Arbeit einer Vollzeitkraft. Wie auch? Uns fehlen ein paar Stunden und auch die Kraft.Aber dennoch können wir das Team gut ergänzen und haben Stärken, wo andere schwach sind. Solang der Arbeitgeber nicht darauf baut, dass eine Teilzeitkraft Vollzeit arbeitet, ist alles in bester Ordnung. Es liegt also an der Fehlplanung des AG, wenn man was nicht funktioniert. Nicht aber als Mutter…

Zweifel kommen auf: Bin ich wirklich zu nichts fähig?

Die Mutter als Kollegin verursacht somit vor allem Mehrarbeit“ – Mich hat der Beitrag sehr getroffen, muss ich sagen. Gerade Mütter wie ich, die sich alle Beine ausreißen um überhaupt voran zu kommen, werden so mit voller Breitseite ins Gesicht getreten. Wir tanzen auf vielen Hochzeiten, finden kaum Ruhe, müssen die letzten Energiereserven mobilisieren und dann werden wir auch noch aufs übelste denunziert. Ich war, nein, ich bin wirklich sprachlos, dass sich so eine Person dann auch noch ehrenamtlich für Kinder einsetzt. Was bitte? Wer keine Mütter versteht, versteht auch keine Kinder. Meine Meinung. Der sollte die Finger weg von Kindern lassen.
Für mich bedeutet der Beitrag der Dame nun wieder mehr Stress: Wie sehen mich meine Kollegen? Blockiere ich wirklich? Ich weiß, dass ich Fehler mache. Aktuell noch mehr als sonst, da mein Privatleben sehr stark an mir nagt. Krankheit, Tod und Eheprobleme treffen auf viel Stress und natürlich auch die Kinderversorgung. Schwierig da einen kühlen Kopf zu bewahren. Dennoch würde ich mich in erster Linie nicht als einen Klotz am Bein sehen.

Geschwächtes Selbstbewusstsein Dank Teilzeitarbeit

Aber schon hämmert das Stimmchen des Teufelchens in meinem Kopf und sagt mir, dass ich mir mehr Mühe geben muss. Dass ich eine bessere Mutter sein muss. Dass ich mehr verdienen muss, eine bessere Ehefrau sein sollte und sowieso alles sehr viel besser handlen könnte. Und hin und wieder neige ich dazu der Stimme Gehör zu schenken und in ein tiefes Loch zu fallen… Mir gelingt der Spagat Karriere und Kind keinesfalls. Denn eines von beiden wird immer leiden. Aktuell leidet sogar beides, weil die Balance gestört ist. Wer sagt, dass Kind und Karriere funktionieren, belügt sich meiner Meinung nach selbst oder hat ein ganz anderes Bild einer funktionierenden Mutter-Kind Beziehung, als ich es habe. Oder eine andere Ansicht, was Karriere betrifft.

 

Man kann keine Vollzeitkraft und Vollzeitmutter sein. Nicht, ohne, dass man am Ende als leere Hülle dasteht und einen Burnout erleidet. Nicht die Mütter müssen sich anpassen und ändern, die Gesellschaft und Arbeitgeber müssen es. Dann, ja vielleicht dann, könnte man in der Zukunft mal von Vereinbarkeit zwischen Kind und Beruf sprechen. 
 
Ebenfalls in dieser Reihe erschienen:

Und plötzlich war sie da: Die Vereinbarkeitsfrage 
Das Leben zu Dritt oder nur ein Drittel der Zeit (Gastbeitrag)
Arbeit, die sich aber lohnt! (Interview)  
Liebe unter Druck. Die Last der Vereinbarkeit? 
Vereinbarkeit – Wollen wir das wirklich? (Gastbeitrag)
Kinder sollten nie einschränken, sondern immer bereichern (Interview)