Es ist Sonntagmorgen. Der Mann und die Terrorpüppi schlafen noch. Ich hingegen sitze im Wohnzimmer und weine. Dabei streichle ich mir über den Bauch und spreche mit dir. Meinem Baby. Ich erzähle dir, dass es nun nicht mehr lange dauern würde, bis du endlich in meinen Armen liegen würdest. Die große Schwester würde sich auch schon sehr auf dich freuen. Meine Tränen sind Tränen der Freude.

DER TAG BEVOR ICH WUSSTE, WANN DU AUF DIE WELT KOMMST | Terrorpüppi | Reflektiert, bedürfnisorientiert, gleichberechtigt




Wieso ich genau jetzt weine?

Weil morgen dieser Tag ist. Der Tag, an dem ich höchstwahrscheinlich ganz genau erfahren werden, wann du auf die Welt kommst.

Es ist ein komisches Gefühl, den Tag, ja sogar die Uhrzeit zu erfahren. Das fühlt sich nicht natürlich an, aber richtig. Ein Kaiserschnitt wird es wohl werden. Meine Ärztin hat es mir nach der letzten Untersuchung angeraten. Das hat mich aber nur darin bestärkt, meinen Weg zu gehen. Sekunden zuvor hatte ich diese Entscheidung bereits selbst getroffen.

Ich lag auf der Liege und betrachtete den Ultraschallbildschirm. Bisher hattest du ein völlig normales Größenwachstum. Doch das hatte die Terrorpüppi auch – ja bis sie im dritten Trimenon anfing zu wachsen. Mehr zu wachsen als ein Durchschnittsbaby. Schon bevor ich mich auf die Liege legte, wusste ich, dass auch du ordentlich gewachsen bist. Wir sind nun 35+3 und ich spüre, dass sich da in den letzten vielleicht drei Wochen ordentlich was in meinem Bauch getan hat. Wenn du dich bewegst, muss ich schon inne halten, so intensiv ist jede deiner Regungen.

In dem Moment, in dem die Ärztin das Ergebnis ihrer Messungen laut ausspricht, wusste ich es sofort: Selbst unter Berücksichtigung des Messfehlers: Du wirst groß. Ebenso groß wie deine Schwester.

Das schließt eine natürliche Geburt für mich aus. Zu groß ist die Angst einer Wiederholung der Ereignisse. Einer natürlichen Geburt fühle ich mich nur gewachsen, wenn dir unter 4000g prognostiziert werden und wenn du dich selbstbestimmt auf den Weg machen wirst. Eine Einleitung schließe ich aus. Ersteres ist schon jetzt unwahrscheinlich und könnte nur noch eintreten, wenn du dich sehr zeitig auf deine Reise zu uns begibst.

Ich sitze also hier in meinem Sessel. Es ist früh am Morgen und mir laufen die Tränen. Tränen des Glücks, weil ich mir den Moment vorstelle, in dem du aus meinem Bauch empor gehoben und mir auf die Brust gelegt wirst. Ich werde dich auch in diesem sterilen Operationssaal gebären. Du bist die letzten neun Monate in mir gewachsen. Ich habe mit dir gesprochen, dich gestreichelt, dich beschützt. Diese Geburt ist die beste Entscheidung für uns beide. Da ist keine Unsicherheit in mir. Nur Freude. Freude auf dich. Dein Papa und ich werden in deine wunderschönen Augen blicken und auf dich Acht geben. Wir werden dich lieben.

Du wirst perfekt sein, so wie du bist. Ich liebe dich schon jetzt. So sehr, dass mir die Tränen in die Augen schießen, wenn ich auch nur an deine Ankunft denke.